In seinem Radiobeitrag „Erziehung nach Auschwitz“ kommt Theodor W. Adorno 1966 zu einem wegweisenden Schluss: „Die einzig wahrhafte Kraft gegen das Prinzip von Auschwitz wäre Autonomie […]; die Kraft zur Reflexion, zur Selbstbestimmung, zum Nicht-Mitmachen“. Darin liegt bis heute ein Auftrag für politische Bildung besonders im pädagogischen Raum. Ziele politischer Bildung sind demnach Mündigkeit, Achtung der Menschenwürde und politische Partizipation.
Schülerinnen und Schüler müssen somit darin gefördert werden, politische und ökonomische Zusammenhänge zu verstehen und kritisch zu hinterfragen, ihre eigene Rolle in politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Systemen zu reflektieren und konkrete Handlungsmöglichkeiten zu gestalten. Dies beinhaltet beispielsweise die Rolle als demokratische Bürgerin, kritischer Konsument und mündiges Rechtssubjekt in lokalen, nationalen und internationalen Handlungsfeldern.
Im Fachseminar Politik und Wirtschaft arbeiten wir deshalb praxisnah an gutem Fachunterricht, der durch die Orientierung an fachdidaktischen Prinzipien besonders die Urteils- und Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler in den Blick nimmt. Unter Zuhilfenahme von Fachmethoden, wie dem Politikzyklus, der Konfliktanalyse, Rollen- und Planspielen und verschiedenen Debattenformaten, werden wir in einer Atmosphäre der Wertschätzung gemeinsam Unterricht planen, erproben und kritisch reflektieren und so Routinen für einen alltagstauglichen, gelingenden Politik und Wirtschaft-Unterricht entwickeln. Dazu gehört ebenso der flexible und schülerorientierte Umgang mit curricularen Vorgaben und die Entwicklung von Kriterien und Formaten für Diagnostik und Leistungsmessung.
Was eine gelingende politische Bildung leisten kann, hat Bettina Lösch mit Bezug auf Hannah Arendt in ihrem Beitrag zum Handbuch „Kritische politische Bildung“ (2011, bpb) wie folgt zusammengefasst: „Politik und Demokratie werden vor allem dann begreifbar, wenn sie nicht nur durch andere repräsentiert, sondern direkt erfahrbar werden. Im direkten politischen Handeln und Lernen entsteht in manchen Situationen erst das, was Hannah Arendt als politische Freiheit bezeichnet hat […]. Frei zu sein, um die allgemeinen politischen Angelegenheiten (die res publica) selbst in die Hand zu nehmen, gemeinsam Alternativen zu beratschlagen und kooperative Lösungen für festgefahrene oder schwer lösbare Konflikte zu finden.“ (S. 125)
Wir werden versuchen mit unserem Unterricht eine Haltung zu fördern, die Adornos und Arendts Ideen miteinander verbindet. In einem solchen Unterricht werden wir als fachliches Vorbild Schülerinnen und Schüler bei ihrer politischen Willensbildung ernst nehmen und begleiten.
Dr. Lukas Staden (StR)
Leiter des fachdidaktischen Seminars Politik-Wirtschaft
Fächer: Politik-Wirtschaft / Werte und Normen / Philosophie
IGS Lüneburg